Die Software AG sieht Corona als „Weckruf für die Wirtschaft“. Die KfW betrachtet die aktuelle, Corona-bedingte Krise der Wirtschaft als „Katalysator für nachhaltiges Wirtschaften“. Und das Handelsblatt analysiert in einem Beitrag im Juni, warum „die Corona-Pandemie eine Chance für Frauen ist“. Diese Liste, welche Möglichkeiten und Potenziale für zukünftige und zukunftsgerechte Entwicklungen sich aus der Corona-Krise ergeben, ließe sich noch weiter fortsetzen, und sie scheint im Laufe der Zeit immer länger zu werden.
Festhalten möchte ich zunächst einmal, dass es unbestritten ist, dass die Corona-Pandemie viel persönliches Leid sowie große wirtschaftliche und soziale Probleme mit sich gebracht hat. Aber gerade deshalb regt sie vermutlich auch viel stärker zum Innehalten und Nachdenken über grundsätzliche Themen und Trends an, darunter Digitalisierung, Diversifizierung und Nachhaltigkeit in der Wirtschaft. Letzterer Aspekt liegt mir besonders am Herzen – und dies nicht zu Unrecht:
Die langfristigen Auswirkungen der Klimakrise auf Gesellschaft und Wirtschaft werden offensichtlich viel stärker eingeschätzt als die Auswirkungen der Corona-Krise. Dies zeigen beispielhaft zwei kürzlich von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) durchgeführte Befragungen: Laut einer repräsentativen forsa-Umfrage von Ende April teilen 59 % der BürgerInnen die oben genannte Einschätzung zur Stärke der Folgen von Klimakrise und Corona-Krise. Unter den Projektpartnern der DBU (die zum großen Teil in Unternehmen, Forschungseinrichtungen, Vereinen, Verbänden und Bildungseinrichtungen tätig sind) ist der Anteil derjenigen, die in einer DBU-Umfrage Anfang Mai von langfristig stärkeren Folgen der Klimakrise als der Corona-Krise ausgehen, mit 84 % noch deutlich höher. Beide Umfragen ergaben zudem hohe Zustimmung zu der Frage, ob Umwelt- und Klimaschutz bei der Auflage von Konjunktur- und Investitionspaketen berücksichtigt werden sollen.
Die Diskussion darüber, wie solche Anforderungen umgesetzt werden können, läuft bereits intensiv. Dass die Antwort nicht „noch schneller, noch mehr, noch höher“ lauten kann, scheint immer deutlicher Konsens zu werden. Konzepte und Ansätze gibt es zahlreich. So nennt die KfW fünf Handlungsfelder, die sie als entscheidend ansieht, um die Weichen für ein nachhaltigeres Wirtschaften zu stellen: 1) Krisenfestigkeit der Wirtschaft stärken, 2) Klimaneutralität der Wirtschaft vorantreiben, 3) Erfindergeist und geringere Berührungsängste mit Digitalisierung in Produktivitätssteigerungen übersetzen, 4) weiterhin die Vorteile internationaler Vernetzung nutzen und eine Nationalisierung von Wertschöpfungsketten vermeiden und 5) Europa stärken. Um die Chancen in diesen Handlungsfeldern nutzen zu können, fordert die KfW entsprechende staatliche Rahmenbedingungen, und sieht ein Wachstums- und Investitionsprogramm, dass gleichzeitig Wachstum und nachhaltiges Wirtschaften fördert, als zentrales Instrument.
Demgegenüber stehen vermehrt Forderungen nach Rückbesinnung auf Regionales und Lokales sowie einer Abkehr vom Paradigma des ewigen Wirtschaftswachstums. Niko Paech, der als „Deutschlands bekanntester Wachstumskritiker“ gilt und Vordenker des Konzepts der Postwachstumsökonomie ist, prophezeit: „‘Früher oder später wird die Angst um die Überlebensfähigkeit unserer Zivilisation größer sein als die Angst vor dem Wohlstandsverlust‘ durch weniger Wachstum“. Er fordert, dass die deutsche Wirtschaft „weniger komplex und autonomer“ werden muss. Sehr anschaulich erklärt meiner Ansicht nach Maja Göpel in ihrem aktuellen Buch „Unsere Welt neu denken. Eine Einladung“, warum wir (auch unabhängig von Corona) zu einer Lebensweise finden sollten, die das Wohlergehen des Planeten mit dem der Menschheit versöhnt.
Mögliche Alternativen umfassen beispielsweise folgende: